Über Irland zur Isle of Whight – Sommer 2000

 

„Du wolltest doch schon immer mal zur Isle of Wight segeln?“ werde ich beim SKU Martinsgansessen 1999 von einem Clubmitglied gefragt. „Ja, richtig, zweimal hat es wegen Sturm aus West nicht geklappt“ lautet meine Antwort.

„Nächstes Jahr klappt es garantiert, ich brauche eine Crew die meine Yacht von Irland bis nach Lelystad segelt. Ihr kommt dann dort quasi automatisch vorbei.“

Schnell sind wir uns einig und flott sind drei Crewmitglieder gefunden.

Freitag, 30.06.2000

Mit Aer Lingus geht es von Düsseldorf nach Irland. Den Transfer vom Flughafen Kerry nach Dingle haben wir bei Moran’s Minibus gebucht. Richtig flott geht es über Landstraßen nach Dingle.

Über Irland zur Isle of Whight - Sommer 2000 - Paulchens Bruder in DingleIn Dingle angekommen suchen wir unsere Yacht Paulchens Bruder eine Bavaria 38 Holiday mit grüner Sprayhood. Wenig später endecken wir die Yacht und treffen dort Rudolf uns seine Frau. Sie waren 5 Wochen mit der Yacht unterwegs. Von Lelystad sind sie über das IJsselmeer die englische Ostküste hoch und über den Caledonian Kanal durch Schottland nach Irland gesegelt. Die ersten drei Wochen mit Crew und anschließend Urlaub zu zweit.

Bei der Übergabe fallen einige Schäden auf. Der Zweitanker fehlt, die Genua zeigt starke Verschleißspuren, bei dem Beiboot fehlen Bodenbretter …..

Der Motor läuft rund jedoch kommt nach meiner Einschätzung wenig Kühlwasser aus dem Auspuff. Laut Rudolf alles normal. Wir werden sehen.

Wir tätigen einen Großeinkauf im nahe gelegenen Supermarkt und schleppen unsere Beute an Bord.

Abend im Pub erholen wir uns bei einem Bier und irischer Livemusik von der Anreise.

Samstag, 01.07.2000

0007-ImpellerZeitig legen wir ab und steuern Paulchens Bruder unter Maschine aus dem Hafen. Schon nach kurzer Fahrt ertönt der nervende akustische Motoralarm. Der Motor wird zu heiß. Ruckzuck wird die Genua gesetzt und der Motor gestoppt. Volker baut den Impeller aus der Kühlwasserpumpe aus. Wie befürchtet ist dieser stark verschließen und zwei Flügel gebrochen. Der Ersatzimpeller passt leider nicht für unseren Motor.

Während wir bei moderatem Wind in der Dingle Bay südwärts segeln überlegen wir welche Optionen wir haben. Bis zum englischen Festland sind es 300 Seemeilen.

Nach telefonischer Rücksprache mit dem Eigner segeln wir nach Dingle zurück. Mit dem Beiboot bringen wir Paulchens Bruder an den Steg.

Der Hafenmeister hat eine ganze Palette an Impellern. Der für unseren Motor ist auch dabei. Wir erwerben gleich zwei Stück. Man weiß ja nie.

Eine halbe Stunde später geht es zum zweiten Mal los. Mittlerweile ist es Nachmittag.

Der Motor läuft prima. Jetzt kommt auch wieder eine ansehnliche Menge Kühlwasser aus dem Auspuff.

Delfin Fungie begleitet uns in der Dingle Bay

Delfin Fungie begleitet uns

Diesmal begleitet uns Fungie der Delfin hinaus auf die See. Fungie lebt seit 1983 in der Bucht und ist seitdem zu einem der berühmtesten Einwohnern Irlands geworden. Fungie ist wahrhaft eine Attraktion von Dingle. Es gibt so gut wie keine Bootstour bei der Fungie nicht erscheint. Offensichtlich mag er die Gesellschaft von Booten und Menschen.

 

 

0018-RegenbogenWir sind begeistert von Landschaft Irlands, den tiefhängenden Wolken, den grün bewachsenen Felsen und sehen zu unser großen Freude einen wunderbaren Regenbogen.

Bei südöstlichen Wind um 3 segeln wir die Küste Irlands entlang. Eine rabenschwarze Nacht bricht an. Der Himmel wolkenverhangen sehen wir lediglich im Masttop den Schein der drei Farben Laterne.

Wir wollen zum Westausgang des Ärmelkanals. Ziel sind die Isles of Scilly.

Der Wind aus östlichen Richtungen passt dafür eigentlich so gar nicht.

Sonntag, 02.07.2000

Wir kommen ungeachtet unserer Kreuzschläge recht gut voran. Auf der offenen See sehen wir nur selten in der Ferne ein Schiff. Lediglich eine Taube hat sich unsere Segelyacht als Transportmittel ausgedacht. Unter dem Steuermannsitz ist jetzt ihr neues zuhause.

Wir versorgen sie mit Wasser und etwas Brot.

Montag, 03.07.2000

0020-IslesofScillyAm frühen Morgen reißt die Wolkendecke auf. Vereinzelt ist wieder blauer Himmel zu sehen. In der Ferne tauchen die berühmten und berüchtigten Scillys auf. Bei rauher See gilt diese Inselgruppe im Südwesten Englands für Seefahrer aufgrund ihrer zahlreichen Riffs und starken Gezeitenströme als äußerst gefährlich und schwierig anzusteuern.

Wir haben mittlerweile Flaute und laufen unter Maschine auf das Archipel zu. Dank ausgezeichneter Detailkarten, bester Sicht  und ständigem Mitkoppeln gestaltet sich die Ansteuerung einfacher als angenommen.

Unser Gast die Taube hat sich offenbar erholt und fliegt zur nächsten gelegenen Insel.

Der Gezeitenstrom setzt quer zu unserer Fahrtrichtung und so halten wir gut 30 ° vor um unser Ziel Hugh Town auf Saint Mary’s sicher anzusteuern. Wir machen an einer freien Mooring Tonne fest und erholen uns von der ersten Etappe unserer Reise.

0028-HughTownWir machen unser Beiboot für den Landausflug klar. Kristallklares Wasser erlaub uns bis auf den Meeresgrund zu schauen. Dabei fällt uns auf, dass unser Ruderblatt im unteren Bereich Schäden aufweist. Offensichtlich hatte da jemand eine heftige Grundberührung.

Nach dem Einklarieren beim Hafenmeister genießen wir den Tag bei wunderbarem Wetter auf der Insel Saint Mary’s.

Das Archipel der Scilly besteht aus mehr als 140 Inseln, davon sind lediglich 6 bewohnt. Zahlreiche Riffs zwischen den Inseln sowie die Gezeitenströme erschweren die Navigation.

0032-Landrover     0034-TropischePflanze     0036-Dinghi-Landing

Wegen des Golfstroms haben die Inseln ein mildes KIima. Kein Wunder, dass wir hier sogar Palmen und andere tropische Gewächse vorfinden.

0038-HughTownBay

Dienstag, 04.07.2000

0030-SaintMarysHafentag! Das haben wir uns nach der Überfahrt verdient. Es gibt hier so viel zu erkunden. Bei tollem Sonnenschein und hochsommerlichen Lufttemperaturen wollen wir uns abkühlen und wagen mit dem Beiboot einen Badeausflug. Die Wassertemperaturen lassen ein langes verweilen im Wasser jedoch nicht zu.

 

Der wunderbare Tag auf Saint Mary’s wird uns allen sicherlich immer in Erinnerung bleiben.

0024-HughTown

Mittwoch, 05.07.2000

0046-Lighthouse-WolfRockUm 06.00 Uhr legen wir ab. Bei schwachem Wind aus westlichen Richtungen verlassen wir dieses wunderschöne Archipel. Es geht zur englischen Südküste. Ziel ist die Hafenstadt Falmouth.

Gegen 10.00 Uhr haben wir an unserer Steuerbordseite das Leuchtfeuer Wolfs Rock. In der Ferne sehen wir schon Land’s End den westlichsten Punkt Englands.

Am späten Nachmittag laufen wir in Falmouth ein und stärken uns bei Fish & Chips.

0050-Fish-Chips-Smack-Alleys

Donnerstag, 06.07.2000

0068-Eddystone-LighthouseAuch heute geht es wieder früh los. Wir wollen bis Dartmouth und haben gut 70 Meilen Strecke zu machen.

Der schwache Wind reicht nicht zum Segeln. Gut, dass wir gestern 75 Liter Diesel gebunkert haben.

Mittags haben wir die Eddystone Rocks an unserer Backbord Seite. Auch diese gefährlichen bei Hochwasser überspülten Felsen sind durch ein Leuchtfeuer gekennzeichnet.

Nachmittags nimmt die Sicht zunehmend ab und wir schalten Positionslichter und Schallsignalanlage an. Nebel soll ja im Ärmelkanal häufiger vorkommen.

0060-Dartmouth-CastleWir runden die Huk Startpoint mit dem dazugehörigen Leuchtfeuer und ändern unseren Kurs auf 20 ° Richtung River Dart.

Um 19.20 Uhr passieren wir die Tonne Homestone um wenig später in den River Dart einzulaufen. Die Flussmündung wird bestens von Dartmouth Castle bewacht.

Eine Stunde später machen wir in der Dart Marina fest.

Freitag, 07.07.2000

Die Gezeiten fordern ihren Tribut. Wir wollen heute nach Weymouth und müssen dafür Portland runden. Um die Südspitze von Portland setzen heftige Gezeitenströme. Deshalb legen wir bereits um kurz nach 04.00 Uhr ab. Bei einem Nordost um 4 kommen wir flott unter Segeln voran.

0070-Portland-East-Ship-ChannelUm 10.00 Uhr frischt der Wind weiter auf und das erste Mal auf diesem Törn binden wir ein Reff ein.

Um 15.03 Uhr liegt das Flach The Shambles an unserer Backbordseite. Wir haben die Südspitze der HalbinselPortland passiert und steuern zügig auf Weymouth zu.

Samstag, 08.07.2000

0086-NeedlesHeute geht es endlich von uns allen sehnsüchtig erwartet zur Isle of Wight. Es ist beeindruckend wie wir uns aus Westen der Isle of Wight nähern. Wir passieren die Needles, den westlichsten Teil der Isle of Wight. Um 15.15 Uhr machen wir bereits in Cowes fest.

Beim Landgang erkunden wir Cowes und sind rundherum mit uns und der Welt zufrieden.

0090-IsleofWight

Sonntag, 09.07.2000

Heute können wir uns Zeit lassen und ausschlafen. Erst am frühen Nachmittag haben wir mitlaufendes Wasser. Um 14.00 Uhr verlassen wir Cowes. Am Ostausgang des Solent hat der Westwind auf bis zu 30 Knoten zugelegt.

Gegen 18.00 Uhr haben wir die Südkardinal Tonne Owers des dazugehörigen Flachs Outer Owers Backbord querab. Wir kommen wieder in tieferes Wasser und der Seegang nimmt wieder ab.

Wir segeln in die Nacht hinein – unser Ziel lautet Ramsgate als Absprunghafen zu den Niederlande.

Montag, 10.07.2000

0096-RamsgateUm 06.00 Uhr passieren wir die Landspitze Dungenees und sind somit noch knapp 20 Meilen von Dover entfernt. Immer noch haben wir wunderbaren Segelwind aus West.

Um Mittag machen wir bereits in Ramsgate in der West Marina fest und haben genug Zeit uns bei einem Landgang die Stadt anzuschauen.

Heute erfahren wir vom Eigner, dass Rudolf und seine Frau mit Paulchens Bruder bei Starkwind gestrandet sind und von der Seenotrettung freigeschleppt wurden. Bei dem Unglück ist das Ruderblatt beschädigt worden und der Zweitanker verloren gegangen. Gut, dass wir vor der Überquerung der Irischen See das alles nicht wussten. Ein Taucher hatte wohl das Schiff nach der Strandung auf Seetüchtigkeit untersucht und keine gravierenden Schäden festgestellt.
Gleichwohl muss Paulchens Bruder nach unserer Heimkehr erst einmal aus dem Wasser.

Dienstag, 11.07.2000

0100-SeegangBBC verkündet für Humber und Themse Nordwest 6 bis 8, später abnehmend 4 bis 5. Um 08.30 Uhr werfen wir die Leinen los und segeln Richtung Niederlande. Bei 5 bis 6 Windstärken kommen wir unter Segeln bestens voran. Gegen Nachmittag nimmt der Wind auf zeitweise 7 Windstärken zu. Bei dem Seegang fühlt sich jetzt nicht mehr jeder an Bord so richtig wohl.

Mittwoch, 12.07.2000

0104-IJmuidenUm 09.00 Uhr morgens steuern wir IJmuiden an. Vor den Wellenbrechern hat sich eine richtig eklige Welle aufgebaut. Der Wind hat mittlerweile wieder auf 5 Windstärken abgenommen. Eine auslaufende Segelyacht müht sich unter Maschine mächtig ab durch die Welle zu kommen.

Wir laufen in die Seaport Marina IJmuiden ein und erholen uns erst einmal von den letzten Nachtwachen.

Richtig glücklich es von Irland über England bis in die Niederlande geschafft zu haben wird heute gefeiert.

Donnerstag, 13.07.2000

Heute geht es durch den Nordzeekanal, vorbei an Amsterdam durch die Oranjeschleusen und über das Markermeer nach Enkhuizen.

Freitag, 14.07.2000

Unser letzter Tag des Törns ist angebrochen. Heute geht es nur noch von Enkhuizen nach Lelystad Haven dem Heimathafen von Paulchens Bruder. Dort empfängt uns der Eigner. Er ist richtig glücklich sein Schiff nach 7 Wochen wohlbehalten wiederzusehen.

Wir blicken zurück auf einen unvergesslichen und erfolgreichen Segeltörn mit insgesamt 920 Seemeilen.

0120-Crew

Wolf, Jürgen, Volker, Jochen

Revierinformationen

Das Revier ist gekennzeichnet durch starke Gezeitenströme, entsprechendem Tidenhub und intensivem Schiffsverkehr.

Zwischen Irland und England ist mindestens ein Nachtschlag einzuplanen.

Bei entsprechender Vorbereitung und Zeit lassen sich die Distanzen zwischen zwei Häfen so gestalten, dass die Reise in Tagesetappen zu segeln ist.

Der Tidenhub variiert zwischen einigen wenigen Metern bis zu 12 Metern bei Saint Malo. Die stärksten Gezeitenströme treten bei Cap de la Hague mit bis zu 10 Knoten auf.

Insbesondere bei Wind gegen Strom kann es in einigen Bereichen des Reviers zu sehr gefährlichem Seegang kommen. Detaillierte Hinweise liefern die Seekarten und die Revierführer.

EtappeDistanzWetter
Dingle - Hugh Town (St. Mary's285ESE 2 - 4, bedeckt
Hugh Town - Falmouth65Var 3, bewölkt
Falmouth - Dartmouth70Var
Darthmouth - Weymouth65N 4 - 5
Weymouth - Cowes (Ilse of Whight55WSW 4 - 6
Cowes - Ramsgate140W 6 - 7, W 3 - 4
Ramsgate - IJmuiden150NNW bis 7
IJmuiden - Enkhuizen42SW 4 - 5
Enkhuizen - Urk13W 3 - 4
Urk - Lelystad13W 4
Gesamt920

Seekarten

SeekarteTitle und Region
IC 56Southwest Coast of Ireland, Cork Harbour to Dingle
BA 833 SCIsles of Scilly
IC 7Lizard Point to Trevose Head & Isles of Scilly
IY 58Falmouth
IC 6Start Point to Lizard Point
IC 14Plymouth
IC 56Portland Bill to Start Point
IC 4Needles to Portland Bill
IC 15Solent
IC 3Isle of Wight
IC 9 Beachy Head to the Isle of Wight
IC 8North Foreland to Beachy Head
IC 30Harwich to Hoek van Holland and Dover Strait
NL 1801Oostende - Den Helder
NL 1810IJsselmeer
Übersegler
IC 16Western Approach to the British Isles
IC 10Western English Channel Passage
IC 12Eastern English Channel Passage

Literatur, Hafenhandbücher, Stromatlanten

TitelBeschreibung
Der Kanal, Tom CunlifeRevierführer, detaillierte Beschreibungen auf deutsch
Reeds Nautical Almanac 2000Hafenhandbuch, Revierführer, Stromatlas, Gezeitentafel, erscheint jährlich neu

Wacheinteilung

Tagsüber 3 Stunden Wache, nachts 4 Stunden Wache. 7 Wachzyklen, somit wechselt für jede Wache die Wachezeit im Laufe der Wachen.

Wacheinteilung
Jürgen + Wolf09.00 - 12.00
Jochen + Volker12.00 - 15.00
Jürgen + Wolf15.00 - 18.00
Jochen + Volker18.00 - 22.00
Jürgen + Wolf22.00 - 02.00
Jochen + Volker02.00 - 06.00
Jürgen + Wolf06.00 - 09.00
Jochen + Volker09.00 - 12.00
Jürgen + Wolf12.00 - 15.00
Jochen + Volker15.00 - 18.00
Jürgen + Wolf18.00 - 22.00
Jochen + Volker22.00 - 02.00
Jürgen + Wolf02.00 - 06.00
Jochen + Volker06.00 - 09.00